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Posts Tagged ‘Lohas’

Ich lese gerade Kristof Magnussons Buch „Das war ich nicht“ und musste (im Zug!) bei dieser Passage laut (!) vor mich hinlachen. Mit wenigen treffenden Beschreibungen kreist Magnusson die Idiotie ein, mit der wir uns sonstwas auf tolle Konsumgewohnheiten einbilden:

Dann wurden die Geschenke verteilt, und Gösta bekam etwas von Regine.
„Oh, eine Salzmühle, ist die etwa mit …“
„… mit Peugeot-Mahlwerk, Edelstahl. Alle anderen taugen ja nichts“, sagte Regine. Das Wort Peugeot-Mahlwerk löste bei Sabine und Lars empathisches Nicken aus, ich hingegen wunderte mich darüber, wie klein die Salzmühle war, wo Gösta doch in den letzten Jahren, wenn er für uns gekocht hatte, nach dem Servieren für jeden aus einer Mühle von der Größe und dem Aussehen einer Gartenschach-Figur Pfeffer auf den Teller geknarzt hatte. Ich überlegte, ob er ab jetzt zwei Mal die abendliche Tischgesellschaft umrunden würde, ein Mal mit Pfeffer, ein Mal mit Salz, und musste dabei so abwesend ausgesehen haben, dass Regine einen Versuch unternahm, mich in das Gespräch einzubinden, indem sie sagte:
„Da kann Gösta sein Himalaja-Salz reinfüllen.“
„Himalaja-Salz?“
„Salz ist nicht gleich Salz, da gibt es große Unterschiede. Unser normales Salz ist doch total industriell verunreinigt.“
„Und Himalaja-Salz?“
„Das ist Ur-Salz. Das kommt direkt aus der Natur.“
„Und in der Natur ist alles immer so sauber?“
(…)
„Was ist Himalaja?“, fragte Friedrich und konnte nicht ahnen, wie dankbar ich ihm dafür war, dass er dieses Gespräch auf den gedanklichen Horizont eines Dreijährigen zurückholte. Regine erklärte ihm engagiert nickend, dass das Berge seien, Hi-ma-la-ja, gaanz weit weg und soooo hoch, hmhmm!, während ich auf den Balkon ging und gleich zwei Zigaretten rauchte.
Es überraschte mich, dass Lars, als er zu mir herauskam, um noch eine Flasche Sekt zu holen, von meiner Zigarette ziehen wollte.
„Warum hat Gösta den Sekt nicht in seinem Weinkühlschrank kalt gestellt?“, fragte ich.
„Ich glaub, der ist voll“, sagte Lars.
„Alle fünf Klimazonen?“
„Alle fünf individuell regelbaren Klimazonen“, sagte er und zog noch einmal. „Wein-Klima-Schrank übrigens, nicht Wein-Kühl-Schrank, schließlich muss nicht jeder Wein gekühlt werden.“ Dann zog er ein drittes Mal und ging wieder hinein, bevor ich in der Halbdunkelheit erkennen konnte, ob er bei dem letzten Satz gegrinst hatte oder nicht.

(Diese Sattheit in ihrem Freundeskreis ist übrigens für die Erzählerin Meike der Grund, erst aufs Land zu ziehen und dann nach Chicago zu gehen, wo sich eine spannende Dreiecksjagdgeschichte zwischen ihr, dem Schriftsteller, den sie übersetzt und einem Wallstreetbanker entspinnt. Sehr lesenswertes Buch.)

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Während der Berlin Fashion Week sprach Christoph Harrach, Geschäftsführer von Karma Konsum, über die Zukunft der Modebranche in Sachen Nachhaltigkeit. Dabei gab er dieses Statement ab:

„Brauchen wir zwei Saisons im Jahr? Brauchen wir 14-tägige Sortimentsverkürzungen? Ist Massenproduktion überhaupt der Weg der Zukunft? Oder sind nicht regionale Wertschöpfungsketten, Handarbeit wieder ein Thema, Crafting? Wenn man sich die Crafting-Bewegung anguckt, da würde mir als Modehersteller schon ein bisschen Angst und Bange werden, wenn die Hipster jetzt anfangen zu stricken und zu häkeln. Das sind heute noch die Hipster, aber das sind Meinungsführer, Vorbilder für die Follower. Vielleicht ist es angeraten, dass Modekonzerne irgendwann Stricknadeln und Garn verkaufen, in Bioqualität.“

Letzteres ist ein bisschen als Witz gemeint, klar. Aber doch ist Harrachs Statement als Ganzes auch überdenkenswert. Kann die Crafting- zur Massenbewegung werden und damit die Zukunft der Modebranche? Kann das funktionieren, vor allem auch in Größenordnungen, dass sie marktrelevant wird? Beim Blick auf die Preise bei Etsy.com oder Dawanda.de sieht das Ganze ja eher nach Selbstausbeutung als nach zukunftsfähigem Modell aus.

Und trotzdem.

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