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Posts Tagged ‘Interview’

Für die aktuelle Ausgabe von Season habe ich die Wissenschaftlerin Una Röhr-Sendlmeier interviewt. Sie erforscht, wie sich die Berufstätigkeit der Eltern auf die Entwicklung von Kindern auswirkt. Dazu hat sie seit 2006 mehrere Studien durchgeführt, Schülerinnen und Schüler, sowie Eltern, Lehrerinnen und Lehrer befragt. Und fand dabei heraus: Die Kinder berufstätiger Mütter machen die höheren und besseren Abschlüsse.

Dabei fürchten in Deutschland immer noch viele Mütter, ihren Kindern zu schaden, wenn sie sich um ihre eigene Karriere kümmern anstatt ausschließlich um die schulische Entwicklung ihrer Kinder. Diese Angst sei, so die Psychologie-Professorin Röhr-Sendlmeier, vollkommen unbegründet:

Berufstätige Mütter leben den Kindern vor, sich gut zu organisieren, anspruchsvolle Aufgaben zu lösen. Sie können ihnen besser erklären, wie sie an Probleme herangehen könnten, kennen Wege und Strategien, wie man an Wissen gelangt, wie man sich selbst motiviert oder mit Misserfolgen umgeht. Sie sehen die Wichtigkeit, sich Neuem zu öffnen. All das können sich Kinder von ihnen abschauen. Außerdem sind berufstätige Mütter in ihrer Freizeit tendenziell aktiver und bieten ihren Kindern mehr Anregungen.

(…)

Trotzdem sind nur 54 Prozent der deutschen Mütter mit Schulkindern berufstätig. Unsere Unternehmenskultur macht es Frauen – und Männern – nicht gerade einfach, Familie und einen qualifizierten Beruf unter einen Hut zu bekommen.
Kinder entwickeln sich umso besser, je zufriedener die Eltern sind. Und Studien wie die des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigen, dass berufstätige Mütter im Schnitt sehr viel zufriedener sind als diejenigen, die zu Hause bleiben. Will man Kinder fördern, sollte man Müttern also ermöglichen zu arbeiten, und zwar so, dass sie das gefühl haben, ihren Beruf und ihre Familie gut vereinbaren zu können.

Dafür braucht jede Familie eine maßgeschneiderte Lösung – das legt Ihre neueste veröffentlichte Studie nahe, in der Sie auch den Einfluss der Väter untersuchen. Dabei stellen Sie fest, dass sich Kinder am besten entwickeln und die besten Schulleistungen erbringen, wenn die Eltern viele verschiedene Rollen leben können.
Wir schauen uns an, in welchem Gesamtumfeld die Kinder groß werden. Mütter und Väter, die sowohl Zeit für den Beruf als auch für die Familie und eigene interessen haben, sind am zufriedensten – was sich auf die sozial-emotionalen Fähigkeiten der Kinder auswirkt, die auch in der Schule unglaublich wichtig sind. Gerade werten wir eine Untersuchung zu Schuldgefühlen von Eltern aus und sehen schon jetzt: Sie wirken sich eher negativ auf die Entwicklung der Kinder aus. Gerade Mütter erleben immer noch einen starken Druck seitens der Gesellschaft, aber auch durch ihre Familie oder aus sich selbst heraus. Sie denken, sie könnten ihren Beruf eigentlich nicht aus vollem Herzen lieben und sollten ihn besser nicht ausüben. Dann kann es passieren, dass Mütter das Verhalten ihrer Kinder überinterpretieren, sich und ihrer Berufstätigkeit zum Beispiel die Schuld geben, wenn das Kind sich mal ängstlich verhält.

Eine gute Zusammenfassung der bisherigen Studien bietet ein Artikel aus „Psychologie Heute“, der auf den Seiten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung als PDF zum Download liegt: Klick.

Am Ende des Gespräch sagte Una Röhr-Sendlmeier übrigens sehr schön pragmatisch: „Mütterliche Schuldgefühle sind ein sehr deutsches Phänomen. Wäre es selbstverständlich, einen Teil des Tages im Büro und den anderen mit dem Kind zu verbringen, bräuchte sich keine Mutter schlecht zu fühlen.“

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Vor ein paar Wochen habe ich mit der US-amerikanischen Buchautorin Liz Perle über Frauen und ihr Verhältnis zu Geld gesprochen, das Interview ist jetzt im Magazin Season erschienen, das seit einer Woche am Kiosk liegt. Unter anderem sprachen wir darüber, welche Rollen Frauen und Männern in Sachen Geld zugeschrieben wird und warum der Begriff  „Fürsorge“ neu definiert werden muss:

Ein zentraler Satz in Ihrem Buch „Money, A Memoir“ lautet: „Frauen reden mehr über Sex als über ihr Einkommen oder ihre Einkaufsgewohnheiten.“ Warum ist das so?
Dahinter stecken Jahre über Jahre der Abhängigkeit von männlichem Status und männlichem Geld. Und wenn unsere Gesellschaft Frauen immer wieder für ihre Sexyness lobt, Männer dagegen für ihre Fähigkeiten, Geld zu machen, prägt das die Geschlechter. Seit dem Viktorianischen Zeitalter werden Frauen dazu erzogen, Immaterielles stets höher als Geld zu bewerten – oder zumindest so zu tun. Heute können Frauen auch deshalb über Sex sprechen, weil es die sexuelle Befreiung in den 60er Jahren gab. Aber es gab keine „finanzielle Befreiung“, die das Reden über Geld für Frauen okay gemacht hätte.

Auf meine Nachfrage, es habe sich seitdem doch aber einiges getan, erklärte Perle, dass in unserer Gesellschaft männlichen Erfolg immer noch ganz stark mit Geld verbunden sei, während weiblicher Erfolg noch immer über Fürsorge und Attraktivität definiert würde. Sie nannte ein schönes Beispiel für diese unterschiedliche Bewertung: „Jedes Jahr vor dem Valentinstag sehe ich fassungslos die Werbung eines amerikanischen Juweliers: Ein kleines Mädchen schaut sehnsuchtsvoll eine Diamantenkette an, die ihr Vater ihrer Mutter schenkt. Das ist also das Bild, das wir unseren Töchtern mitgeben: Erfolg ist, deinen Mann dazu zu bringen, dir Diamanten zu schenken.“ Da sei es nur logisch, dass Frauen auch in den Bereich investierten, von dem sie die höchste Rendite erwarten: ihr Aussehen. In Schuhe, Klamotten, Kosmetikprodukte.

Nun verdient aber mittlerweile jede zehnte Frau mehr als ihr Mann. Merkwürdig, dass solche Veränderungen kaum Einfluss auf die mediale Darstellung von Frauen und Männern haben. Werbeagenturen bedienen offenbar lieber Klischees. Vielleicht fühlen sich Konsumentinnen und Konsumenten auch wohler mit solche eindeutigen und vor allem eindeutig zugeordneten Rollen – wohler, als sich mit den extrem vielfältigen und teilweise auch widersprüchlichen Rollen, die Frauen und Männer im Alltag einnehmen.

Liz Perle sprach dann noch einen sehr spannenden Punkt an, nämlich wie Geld unser Rollenbild verändern könnte: „Viele Frauen müssen plötzlich gut verhandeln, weil sie für ihre Familien sorgen müssen – ein Einkommen reicht doch heute in kaum einer Familie. Das könnte die Regeln neu schreiben und weibliche Fürsorge neu definieren: Wenn Frauen ihre Familien lieben, müssen sie sich für Geld interessieren und versuchen, genug Geld nach Hause zu bringen.“

Das ganze Interview gibt es wie gesagt in der aktuellen Ausgabe von Season, die so aussieht. Und Liz Perles Buch „Money, A Memoir“ ist 2006 bei Henry Holt & Company erschienen.

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Anlässlich des Medienkongresses von Taz und Freitag habe ich für den Freitag mit der Wikimedia-Geschäftsführerin Sue Gardner über Frauen in der Wikipedia gesprochen – ein Thema, das ihr am Herzen liegt. Sie sagt unter anderen:

„Frauen haben im Durchschnitt weniger Freizeit als Männer und sind tendenziell weniger an Technik interessiert. Studien legen nahe, dass Mädchen und Frauen seltener als Jungs und Männer einzelgängerische Hobbys pflegen. Und wie schon angedeutet, muss man für Wikipedia sehr von sich überzeugt sein. Immerhin muss man glauben, etwas zu wissen, das es wert ist, mit anderen geteilt zu werden.“

Das sind ja alles Faktoren aus der Offline-Welt. Muss sich die zuerst ändern, bevor sich etwas an den Geschlechter­verhältnissen im Netz ändert?

„Klar reflektiert Wikipedia die Probleme der Welt außerhalb von Wikipedia. Aber auch wenn ich nicht übertreiben will, würde ich doch behaupten, dass Wikipedia sogar zur Lösung dieser Probleme beitragen kann.“

Und wie?

„Die Menschen nutzen Wikipedia, um Informationen zu bekommen, die ihnen helfen, ihre Welt besser zu verstehen. Gleichzeitig arbeiten bei Wikipedia intelligente Menschen mit besten Absichten zusammen und werden ebenfalls jeden Tag ein bisschen klüger.“

Das ganze Gespräch gibt es im aktuellen Freitag oder online auf www.freitag.de.

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Mateo Kries, Chefkurator des Vitra Design Museums in Weil am Rhein spricht im Freitag-Interview unter anderem über immer schneller werdende Konsumzyklen und die Codes von Design.

Außerdem beantwortet er die Frage, warum Philippe Starcks Zitronenpresse „Juicy Salif“ von 1990 so erfolgreich sein konnte – wo sie doch eine riesen Sauerei in der Küche veranstaltet.

„Alles lief auf die Jahrtausendwende zu, daher der gebürstete Edelstahl, der futuristische Look. Und sie stand dafür, dass Design im Privaten immer wichtiger wurde. Man lud häufiger Leute nach Hause ein, ein neues Bürgertum kam auf. Es ging darum zu zeigen, was man hatte: Design wurde demonstrativer, Objekte zu sozialen Statussymbolen. Und genau da passte diese Zitronenpresse aufs Küchenbrett.“

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Während der Berlin Fashion Week sprach Christoph Harrach, Geschäftsführer von Karma Konsum, über die Zukunft der Modebranche in Sachen Nachhaltigkeit. Dabei gab er dieses Statement ab:

„Brauchen wir zwei Saisons im Jahr? Brauchen wir 14-tägige Sortimentsverkürzungen? Ist Massenproduktion überhaupt der Weg der Zukunft? Oder sind nicht regionale Wertschöpfungsketten, Handarbeit wieder ein Thema, Crafting? Wenn man sich die Crafting-Bewegung anguckt, da würde mir als Modehersteller schon ein bisschen Angst und Bange werden, wenn die Hipster jetzt anfangen zu stricken und zu häkeln. Das sind heute noch die Hipster, aber das sind Meinungsführer, Vorbilder für die Follower. Vielleicht ist es angeraten, dass Modekonzerne irgendwann Stricknadeln und Garn verkaufen, in Bioqualität.“

Letzteres ist ein bisschen als Witz gemeint, klar. Aber doch ist Harrachs Statement als Ganzes auch überdenkenswert. Kann die Crafting- zur Massenbewegung werden und damit die Zukunft der Modebranche? Kann das funktionieren, vor allem auch in Größenordnungen, dass sie marktrelevant wird? Beim Blick auf die Preise bei Etsy.com oder Dawanda.de sieht das Ganze ja eher nach Selbstausbeutung als nach zukunftsfähigem Modell aus.

Und trotzdem.

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